Eva Weitzel wird nach Hitzeschlacht Vizeweltmeisterin

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Das Paradeboot, das Flaggschiff, der Mythos – der Achter hat im Rudersport viele Namen. Er ist das schnellste aller Ruderboote über die olympische 2000 Meter Distanz, es ist das Highlight einer jeden Ruderregatta, wenn sich die Achter mit ihren Steuerpersonen auf den Weg in Richtung Medaillen machen. Auf der diesjährigen U19-Weltmeisterschaft im bulgarischen Plovdiv durfte die Oldenburger Ruderin Eva Weitzel Teil dieses Highlights sein. Nach mehreren erfolgreichen Qualifikationsmaßnahmen auf nationaler Ebene und einer anstrengenden und unnachgiebigen Selektion im Kreise der besten Nachwuchsruderinnen Deutschlands, hat Weitzel es in den mit Priorität gebildeten Achter geschafft. Eben jener Achter, der nun auf der U19-Weltmeisterschaft die Silbermedaille errudern konnte und sich Vizeweltmeister nennen darf. 

Weitzel wurde bereits zu Beginn des vierwöchigen Trainingslagers auf die Position der Schlagübernahme gesetzt und erhielt den Auftrag den Rhythmus der Schlagfrau in das Boot zu übertragen. Als physisch stärkste Ruderin auf Backbord bildete sie mit Emilia Fritz (Passau) das Schlaghaus. Beides sind Positionen die sowohl technisch als auch mental äußerst fordernd sind, da die Schlagfrequenz im Rennen über diese beiden Positionen gebildet wird. Weitzel und Fritz harmonierten im Finale hervorragend und fuhren unter dem Kommando der Steuerfrau zum richtigen Zeitpunkt den Gegnerinnen im Finale weg.

Doch der Weg zur Silbermedaille war alles andere als leicht. Mit den vier gegnerischen Nationen Spanien, USA, Italien und Rumänien warteten international erfahrene Ruderinnen auf den jungen Deutschlandachter. Im Bahnverteilungsrennen, welches zur fairen Verteilung der Bahnen aufgrund von Wind durchgeführt wird, kam der Frauenachter auf den vierten Platz. Die USA dominierten das Feld mit sieben Sekunden Vorsprung auf den deutschen Achter, die Italienerinnen und Spanierinnen waren jeweils drei und zwei Sekunden vor dem gelben Boot des deutschen Ruderverbands, nur die Rumäninnen konnten mit zwei Sekunden Vorsprung besiegt werden. Zweifel machte sich breit, ob man zwei Tage später in der Hitze von Plovdiv um die Medaillen mitfahren könne, denn neben den rudernden Gegnerinnen setzen die annährend 40 Grad mit schwüler Luft den Sportlerinnen ordentlich zu. Nach dem Bahnverteilungsrennen wurde die Schlagfrau und eine weitere Ruderin aus dem deutschen Paradeboot bereits im Medical Center ärztlich versorgt.

Passend zum Finaltag schien der Wettergott aber ein Einsehen mit den Ruderinnen zu haben und die Temperatur sank auf tiefe 30 Grad. Der deutsche Achter ging mutig auf die ersten 500 Meter und setzte sich auf Position 3, hinter die dominierenden US-Mädchen und die ebenfalls stark startenden Rumäninnen. Auf den Metern bis zur 1000 Meter-Marke zeigten dann aber die Italienerinnen und Spanierinnen wieso sie bereits im Bahnverteilungsrennen vorne dabei waren, der deutsche Achter fiel auf den fünften Rang zurück. „Nach 1000 Meter fing unsere Steuerfrau an uns richtig zu motivieren. Was genau sie sagte weiß ich nicht mehr, aber es half und wir gingen alle nochmal über unser Maximum hinaus. Das gab einen richtigen Schub!“, so Weitzel in der Nachbetrachtung des Rennens. Mit einer deutlichen Erhöhung der Schläge pro Minute durch das Schlaghaus Fritz und Weitzel ging es auf die dritten 500 Meter. Dies sind die Meter in denen das Laktat sich den Weg durch die Muskeln bahnt, alles anfängt zu brennen und die Erinnerungen an ein Rennen schummrig werden. Mit einem Abstand von sieben hundertstel Sekunden auf Rang drei, schob sich der deutsche Achter auf den Silberrang vor. In einem packenden Endspurt mit annähernd 40 Schlägen pro Minute ging es hinter den USA um Silber und Bronze im Zweikampf mit Rumänien. Die Rufe der deutschen Schlachtenbummler auf der stimmungsvollen Tribüne waren weit über die Regattastrecke zu hören und motivierten die Mannschaft um Weitzel noch zusätzlich. Am Ende gewann das deutsche Paradeboot mit 1,7 Sekunden dieses Duell für sich und sicherte sich hinter den äußerst leistungsstarken USA die Silbermedaille. 

Als einer der ersten Gratulanten von Eva Weitzel war Tom Thomas vor Ort. Der Athlet vom Regattaverband Ems-Jade-Weser fuhr bereits eher am Tag im gesteuerten Riemenvierer sein Finale. Das Team ist nach einem dritten Platz im Vorlauf über den Hoffnungslauf als siegreiches Boot ins das Finale der besten sechs Boote eingezogen. In einem spannenden Rennen legte die Mannschaft um Thomas nach 1000 Meter richtig los und startete vom Ende des Feldes eine fulminante Aufholjagd. Dem Druck des deutschen Vierers konnten sich die Russen nicht lange erwehren und mussten abreißen lassen. Als nächstes Ziel kamen die USA in Reichweite. In einem packenden Bord an Bord Duell bis zur Ziellinie setzte das deutsche Boot Spurt an Spurt und fuhr bis auf 1,6 Sekunden an die Amerikaner ran. Das Quartett mit Steuermann gelang somit ein sehr guter fünfter Platz. „Wenn ich bedenke, dass die nationale Saison mit Platz 30 im Zweier gestartet ist und ich nun im fünft schnellsten Vierer der Welt sitze bin ich mehr als zufrieden. Wir wollten in das A-Finale und konnten hier noch ein Boot abhängen.“, zog Thomas ein sehr zufriedenes Fazit. 

Auch Landestrainer Matthias Helmkamp vom Stützpunkt Oldenburg zog ein sehr zufriedenes Fazit: „Zwei Athleten auf der Weltmeisterschaft erleben zu dürfen, die mit einmal A-Finale und einer Silbermedaille zurückzukommen ist grandios! Ein großes Lob geht auch an das Trainerteam und die Heimatvereine von Eva und Tom. Nur als Einheit können wir solche Ergebnisse realisieren.“

Die beiden Nachwuchsathleten haben sich nun erstmal eine längere Pause verdient und genießen die letzten zweieinhalb Wochen der niedersächsischen Sommerferien. „Nach vier Wochen Berlin und einer Woche Bulgarien mit bis zu viermal Training pro Tag,  geht es jetzt in den wohlverdienten Urlaub bevor wir uns wieder auf die Schule vorbereiten und ins Boot steigen.“, so die Schülerin des Gymnasium Eversten Oldenburg und frischgebackende Vizeweltmeisterin Eva Weitzel.

Insgesamt konnte der Deutsche Ruderverband 2x Gold, 3x Silber und 4x Bronze bejubeln, 12 von 14 Boote gelang der Sprung ins A-Finale.

Bilder: Seyb, DRV/Schwier

 
Quelle: Seyb

Quelle: Seyb

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